Trauern - aber wie? Jeder Verlust braucht Zeit, um begriffen zu werden. Dazu ist es nötig zu trauern – mit Traurigkeit und Wut, Sinnfragen und Schuldgefühlen, Veränderung in uns. Egal, ob es um eine Trennung oder den Tod geht.
Warum fällt es manchen Menschen schwer zu trauern?
Eine mögliche Antwort wäre, dass uns niemand vorgelebt hat, wie das geht. Ich persönlich habe das Gefühl, wir haben anstelle einer Trauerkultur eher eine „Verdrängungskultur“. Am besten sollten wir immer happy und strahlend sein. Viel Traurigkeit wird nicht zugelassen oder hinter verschlossenen Türen gelebt.
Eine weitere Erklärung ist unsere ganz individuelle Prägung aus der Kindheit. Sogar vom Zeugungsmoment an. Vorrangig von den Eltern, die - meist unbewusst - Botschaften aussenden. Das können stärkende Botschaften sein wie „Du bist willkommen“ und „Du bist gut so wie du bist“. Es können aber auch Botschaften sein, die uns schwächen. Etwa die Botschaft „Fühle nicht, was du fühlst“ könnten wir von einem Elternteil vermittelt bekommen haben, der für sich gelernt hat, dass das Zeigen von Gefühlen zu Verletzungen führt und für sich beschlossen hat, dass keine Gefühle mehr gezeigt werden sollen. Oder ein Kind hat erlebt, dass seine Gefühlsausbrüche von Eltern als lästig und unpassend abgetan werden. Dann lernt das Kind sehr früh, dass es nicht fühlen soll. Es beginnt vielleicht Gefühle nicht mehr zu zeigen oder Ersatzgefühle zu entwickeln, z.B. Tränen statt Wut, weil es nicht wütend sein durfte oder umgekehrt. Auslöser können auch Aussagen sein wie: „Du bist nicht wütend, sondern nur müde.“ Dadurch verlernt das Kind sehr früh Zugang zu den wahren Gefühlen.
Wie reagierten deine Eltern, wenn du wütend warst?
Was taten sie, wenn du geweint hast?
Durftest du frei deine Freude zeigen?
Um zu trauern, brauchen wir Zugang, zu unseren wahren Gefühlen. Manchmal tritt das Ersatzgefühl einer Depression anstelle der Trauer, so wie es in der Kindheit vielleicht die Wut anstelle der Traurigkeit war. Wird der Auslöser der Depression nicht gefunden, werden uns auch Medikamente nicht weiterhelfen.
Deshalb finde ich es so hilfreich und bedeutsam einen Raum zu haben, in dem wir die Erlaubnis spüren, ganz zu sein wie wir sind.
Genau hier setzen für mich die Frauenkreise an, die ich leite. In diesem geschützten Rahmen erhalten wir nicht nur von einer, sondern von der gesamten Gruppe die Erlaubnis, dass wir fühlen dürfen. Dass wir unsere Gefühle zeigen dürfen. Geschieht dies immer wieder, stellt sich neben das innere Verbot die eigenen Gefühle zu fühlen, im Idealfall eine Erlaubnis, die stärker und mächtiger ist:
Deine Gefühle sind wichtig und echt!
Du bist willkommen dich uns mit all deinen Gefühlen zuzumuten!
Du bist wunderbar mit all deinen Gefühlen!
Und dann beginnt sich in uns unsere ursprüngliche Lebenskraft zu regen.
Diese Kraft, die weiß, du kannst die Trauer überwinden.
Alles Liebe,
Sigrid
Was dich auch interessieren könnte
Abgrenzung stärkt dich I Selbstfürsorge in Zeiten der Trauer aus Sicht der TCM. Trauer schwächt das Element Metall - dieses steht auch für Abgrenzung. Wer unterstützt mich wirklich? Was tut mir wirklich gut? Mehr lesen...
Trauer hat kein Ablaufdatum I Das Gefühl der Traurigkeit wird seltener. Neue Erinnerungen treten in dein Leben. Das heißt aber nicht, dass nach dem noch immer vielzitierten 1. Trauerjahr die Trauer vorbei ist. Mehr lesen...
Kommentar schreiben