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Trauer ist wie ein Nebel

Mit Trauer leben lernen, ist ein großes Lernfeld. Nach dem Tod meiner Tochter habe ich mich weit über ein Jahr wie in einem Blindflug gefühlt. Nebel, nichts als Nebel um mich. Und trotzdem weiterfliegen.

Nach dem ersten Jahr habe ich dann das Gefühl gehabt, dass meine Navigationsgeräte wieder sichtbar sind. Ich im Cockpit mit meiner Intuition, meinen Gefühlen. Denen bin ich gefolgt. Ich achtete sehr auf die Signale meines Körpers und nahm meine Gefühle ernst, wenn sie mir Rückzug signalisierten. Oft empfand ich es als endlose Geduldsprobe. Ich wusste intuitiv, dass sich der Nebel irgendwann lichtet – aber wann?

 

Nun ist der 2. Geburtstag unserer von uns gegangenen Kleinen. Und da kommt sie wieder. Die Traurigkeit. Diesmal ist auch viel Wut dabei. Momentan darf mir niemand ungut kommen, denn ich kann meine Emotionen nur schwer zügeln. Mein Körper hat vorgebaut und einen Grippevirus eingefangen.

Aus Sicht der TCM weiß ich nun, dass Trauer das Element Metall und somit unser Immunsystem schwächt. Da ich gelernt habe, die Signale von Körper, Geist und Seele ernst zu nehmen, seufzte ich erst und jetzt bleibe eben so gut es mit einer 5-Jährigen geht im Bett.

 

Rückblickend kann ich nur sagen: 

Der Nebel geht vorbei. 

Der Schmerz kommt trotzdem immer wieder hoch. 

Dann sage ich zum Schmerz: „Ah, da bist du wieder. Du darfst da sein.“ Ich ziehe mich zurück und lasse zu.

Der Schmerz geht wieder.

 

Es darf mir immer wieder mal schlecht gehen. Doch habe ich in den letzten zwei Jahren gelernt, wieder verstärkt zu vertrauen. Darauf, dass alles richtig ist. Dass alles einen Sinn macht. Ich bin weit über mich hinausgewachsen. Ich habe so viele Menschen kennen gelernt und Erfahrungen gemacht, die meine Leben bereichern. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Und auch, wenn ich es meiner Großen gerne erspart hätte, vertraue ich darauf, dass auch sie den Verlust in ihr Leben integriert und sie zu der macht, die sie im tiefsten Inneren ist. 

 

Es ist nicht immer leicht zu vertrauen, aber ich merke, es wird leichter.

 

Ich bin diese Woche wieder über die Grundlagen dieses absoluten Vertrauens gestolpert:

 

1.    Wer auch immer anwesend ist – es ist genau der Richtige, um jetzt anwesend zu sein.

2.    Wann immer es beginnt – es ist genau der richtige Zeitpunkt.

3.    Was auch immer geschieht – es ist das Einzige, was jetzt geschehen konnte.

4.    Wenn es vorbei ist, ist es vorbei.*

 

So sei es.

 

Wie geht ihr mit der Trauer um, wenn sie wieder hochkommt?

 

Herzensgrüße,

Sigrid 

 

 

 

*Harrsion Owen: The Power of Spirit

 

Bildquelle CC0 Creative Commons: https://pixabay.com/de/nebel-baum-dunst-beige-trübe-240075/ am 3.10.2018

 

 

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