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Was uns verbindet

 

Über unterschiedliche Meinungen & den Ort der Freundschaft 

„Ich habe vor einigen Tagen mit einem Freund aus Frankreich gesprochen. Er hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass wir in Österreich sehr schlecht diskutieren können. Jeder fühlt sich sofort angegriffen…“ so begrüßt mich meine Freundin. Denn wir waren via Schriftverkehr unterschiedlicher Meinung gewesen. Für mich war das längst vergessen. In ihr hatte es nachgewirkt. „Ich will nicht, dass unterschiedliche Meinungen unsere Beziehung beeinflussen. Das wollte ich dir nur sagen.“ Ich fand es schön, das zu hören. „Ich will das auch nicht. Und das ist gar kein Thema für mich. Du bist mir viel zu wichtig…“ gab ich zurück. Und das ist die Wahrheit. 

 

Für mich befinden wir uns einer absoluten Ausnahmesituation. Einer Situation, in der wir einander mehr brauchen denn je zuvor. Dazu müssen wir den Blick allerdings auf das uns Verbindende lenken und nicht auf das, was uns trennt.

 

Das ist finde ich schwierig, weil viele authentische Gespräche fehlen. Sms oder andere Kurznachrichten können schnell missverstanden werden. Würden wir einander gegenüber sitzen, würden wir vielleicht fragen: Wie meinst du denn das? Daraus würde sich im Idealfall ein Gespräch entwickeln.

Da hilft telefonieren schon weiter – wenn wirklich Zeit für das Telefonat ist. Am Telefon hören wir Stimmlage, Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit… Videotelefonie lässt zusätzlich Mimik, manchmal sogar Gestik erkennen.

 

Körpersprache ist wie der unsichtbare Teil des Eisbergs – die Worte sind der sichtbare Teil.

 

Ihr erinnert euch, was mit der Titanic passiert ist, weil die Größe des Eisberg unterschätzt wurde. Deshalb ein kleiner Tipp: Achtet bei Videogesprächen darauf, dass das Gerät stillsteht und ihr gegenseitig möglichst viel vom Körper des Gegenübers sehen könnt. Platziert eure Kamera stabil und weit genug entfernt von euch, so als würdet ihr einander gegenüber bei Tisch oder am Sofa sitzen.

 

Aber was kann uns nun ein Gespräch bringen, wenn wir doch unterschiedlicher Meinung sind? 

 

Wenn wir einander wirklich zuhören, stelle ich immer wieder fest, dass unsere Sorgen ganz ähnlich sind: es geht immer um den Schutz des Lebens. Um den Schutz unserer Liebsten. Des eigenen Lebens. 

 

Wie dieser Schutz aussehen kann, ist allerdings sehr unterschiedlich.

Je nachdem, welche Erfahrungen wir in unserem Leben gemacht haben.

Je nachdem, welches Bild wir von uns Menschen an sich haben.

Je nachdem, was es für uns bedeutet zu leben.

 

Manche Menschen haben Angst vor der Erkrankung an sich. Andere vor noch unbekannten Nebenwirkungen der Impfungen. Manche fürchten um ihre Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Andere vor einer Wirtschaftskrise. Manche um die Bildung der nächsten Generation. 

 

In all diesen Fällen geht es um das Leben. Um der Wunsch nach einem Leben ohne Angst. 

 

Das klingt vielleicht für euch komisch, aber meine Angst wird kleiner, wenn ich mir viele, viele Perspektiven anhöre. Ich spreche mit wirklich vielen Menschen und bin interessiert an ihrem Blickwinkel, an ihren Erfahrungen. Rumi sagte: Jenseits der Vorstellungen von Richtig und Falsch liegt ein Ort. Dort werde ich Dich treffen.

 

So könnten wir, wenn wir das wollten, die gegensätzlichen Standpunkte auch stehen lassen. Sein lassen. Da sein lassen. Und uns im Gespräch an einem Ort treffen, der uns seelisch nährt und stärkt. Wie könnte das gehen? Etwa die Worte:

 

Ich höre, du bist in diesem Punkt anderer Meinung als ich. Für mich ist das okay. Für mich müssen wir nicht immer den gleichen Standpunkt haben. Wie wäre es, wenn wir über ein entspannteres Thema sprechen?

 

Zwischen zwei Atemzügen

wohnt es.

Zwischen zwei Gedanken

ist es zu Hause.

Zwischen richtig und falsch,

zwischen gut und schlecht,

zwischen schwarz und weiß,

da fühlt es sich wohl.

Hier findet es statt,

das Leben.

- Benno Blues

 

 In diesem Sinne, wünsche ich dir, das ein Leben voller Leben.

 

Von Herzen,

Sigrid 

 

PS: ENDLICH SIND DIE TERMINE DA! Hier geht es zum Frauenjahreskreis 2021, der ganz im Sinne des Miteinanders steht.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    bettina stephanie sohler (Freitag, 29 Januar 2021 15:53)

    Spannende Sichtweise, die ich gut und gerne teilen kann!