Manchmal habe ich das Gefühl, ich habe nicht genug Power für diese Welt. Ich beobachte Freundinnen, die von einem Meeting zum anderen jetten und für mehr als ein Freizeittermin - treffen mit Freunden, dann ins Theater, weiter in eine Bar - Freude und Auftanken bedeutet. Ich frage mich, wie sie das durchhalten. Ich werde schon von Erzählungen über ihr Leben müde.
Als Teenager war, verbrachte ich die letzte Stunde vor dem Heimgehen von der Disco meistens bereits im Vorraum, manchmal sitzend auf Treppen, wo die Musik weniger dröhnte, und wartete bis der Rest unserer Gruppe bereit war zu gehen. Irgendwann habe ich mich mir selbst hingegeben: ich bin anders. Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen, mir zu liebe zu Nein zu Events zu sagen, von denen ich weiß, dass sie mich erschöpfen. Ich habe gelernt, meinen Kalender stets aus der Metaperspektive zu betrachen, um für und nach anstrengenden Tagen Regenerationsraum zu haben - sowohl für anstrengende berufliche Termine als auch für Privates.
Ich habe viel erlebt, mich von professionellen Berater*innen und Therapeut*innen begleiten lassen, bis ich an den Punkt kam, zu sagen, ich bin gut, soweit wie ich bin. Meine Aufgabe im Leben ist eine andere. Ich bin Beobachterin und Forscherin. Mit Themen, die mich interessieren gehe ich intensiv in die Tiefe, bis ich sie für mich wirklich verstanden habe. Gefühlsmäßig bin ich fähig, in die tiefsten Abgründe meiner Ängste zu sehen und zu Höhenflügen, die mich den Himmel auf werden leben lassen. Emotional lebe ich intensiv. Meine eigenen Emotionen.
Ich bin geschult darin Stimmungen von Menschen und auch Gruppen innerhalb kürzester Zeit zu scannen und hinter die Fassade zu fühlen. Seit einigen Jahren unterrichte ich wieder Kinder. Meine Erfahrungen helfen mir, Konflikte einfühlsam zu begleiten, an schlechten Tagen den Wind in der Klasse zu drehen. Ich helfe meinen Klientinnen sehr schnell ihr eigentliches Thema zu erkennen. In der Partnerschaft lerne ich meinen Instinkt zu nutzen, um unangenehme Dinge so anzusprechen, dass sie bei meinem Partner ankommen und für uns beide auf fruchtbaren Boden fallen.
Ich habe doch Power für diese Welt. Sie ist ruhiger, nach außen hin unscheinbar, nicht das, was unsere Gesellschaft als Powerfrau sehen würde. Meine Power ist die Hochsensibilität.
Ich muss zugeben, dass ich mich lange dagegen gewehrt habe, mich mit diesem Thema zu befassen, denn ich mag Schubladen nicht und Label, hinter denen wir Menschen uns verstecken, denn solch ein Verhalten nimmt mir meine Selbstverantwortung und meine Schöpferinnenkraft. Vor einigen Monaten kam mit meiner Freundin im Gespräch auf, dass ich doch einmal hinblicken sollte, ob meine Tochter hochsensibel ist. Zu viele Reize, zu wenig Auszeit, eine konfliktreiche, laute Klasse, die meine Tochter erschöpfte, sogar regelmäßig krank machte, weil es selbst in den Stunden drunter und drüber ging. Mittlerweile gibt es Forschung, die auch mit Gehirnscans und MRTs die Hochsenisibilität beleuchtet hat. Der Film SensItive (Link unten) hat mich gefunden und sehr beeindruckt.
Alanis Morisette, selbst hochsensibel und Mutter eines hochsensiblen Sohns, spricht in dem Film über ihren eigenen Weg die Hochsenisbilität zu erkennen und Wege, um ihr Potential zu entfalten statt auszubrennen. Sie hat ihr persönliches Mantra, ihr Gebet, wie sie es nennt, im berührenden Song That I Would Be Good sich selbst und der Welt der sich unverstanden Fühlenden geschenkt. Sie hat diesen Song nach einem Konzert geschrieben, während unten eine Party tobte und sie sich im Kleiderschrank verschanzte, um zur wieder zu sich selbst zu kommen.
THAT I WOULD BE GOOD - Alanis Morissette (Lyrics)
That I would be good, even if I did nothing
That I would be good, even if I got the thumbs down
That I would be good if I got and stayed sick
That I would be good even if I gained ten pounds
That I would be fine even if I went bankrupt
That I would be good if I lost my hair and my youth
That I would be great if I was no longer queen
That I would be grand if I was not all knowing
That I would be loved even when I numb myself
That I would be good even when I am overwhelmed
That I would be loved even when I was fuming
That I would be good even if I was clingy
That I would be good even if I lost sanity
That I would be good
Whether with or without you
(Ich wünsche mir)
Dass es mir gut geht, selbst wenn ich nichts tue,
auch wenn alles gegen mich spricht.
Dass es mir gut geht, auch wenn ich lange krank bin,
und auch wenn ich zehn Pfund zunehme.
Ich wünsche mir,
dass ich O.K. bin, selbst wenn ich pleite gehe.
Dass es mir gut geht, auch wenn mir meine Haare ausfallen
und ich meine Jugend verliere.
Ich wünsche mir,
dass ich großartig bin, auch ohne die Königin zu sein,
und dass ich bedeutend bin,
auch ohne allwissend zu sein.
Ich wünsche mir,
dass ich geliebt werde, auch wenn ich abgestumpft und gefühllos bin,
dass es mir gut geht, auch wenn ich mich überrannt fühle,
dass ich geliebt werde, selbst wenn ich wütend bin
und wenn ich anhänglich bin.
Dass es mir gut geht, auch wenn ich den Verstand verliere
und dass es mir gut geht,
ob mit dir oder ohne dich.
Aho und von Herzen danke an Alanis für deine Power.
Vielleicht fragst du dich, warum und wie eine hochsensible Person zu einer Karriere als weltberühmte Sängerin kommt. Sollten Hochsensible nicht so vieles meiden? Zur Hochsensibilität gab und gibt es wohl noch immer falsche Annahmen. Bevor wir diese widerlegen, Grundlegendes zur Hochsensibilität.
Die empirische Psychologin, Universitätsprofessorin und Autorin Dr. Elaine Aron, selbst hochsensibel, ist seit 1991 Pionierin in der Forschung. Sie hat im Team, durch Gehirnforschung und DNA-Analysen herausgefunden:
Hochsenisibilität ist eine angeborene Veranlagung.
20% aller Menschen sind hochsensibel.
Gleich viele Frauen wie Männer tragen diese Veranlagung in sich.
In 100 anderen Spezies finden wir ebenfalls Hochsenisibilität,
ebenfalls 20%, geschlechtlich gleich verteilt.
Bei diesen Zahlen können wir davon ausgehen, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit jemanden in der Familie, im Freundeskreis, in der Berufswelt haben, der hochsensibel ist. Vielleicht sogar eines unserer Tiere.
Aber was bedeutet hochsensibel eigentlich? Im nächsten Artikel geht es um Irrtümer - was Hochsenisbilität nicht ist.
Und was es ist.
Von Herzen,
Sigrid
Weiterführende Links
Hochsensiblen-Netzwerk
Blog mit hilfreichen Impulsen: was Hochsensiblen gut tut, wie sie besser Grenzen setzen, wie du deine Energie schützt...
https://www.hochsensitiv.net/blog
Hochsensible Kinder
https://www.familie.de/kleinkind/hochsensibilitaet-bei-kindern/
https://www.leben-und-erziehen.de/kind/erziehung-entwicklung/hochsensible-kinder-signale-15156.html
Fragebogen: Ist mein Kind hochsensibel?
https://www.aurum-cordis.de/kinderfragebogen-hochsensibilitaet-test-fuer-hochsensible-kinder
Wissenswertes über Sexualität für Hochsensible
https://christinchudy.com/sex-als-hochsensible/
https://www.lebenskunst-huettenrauch.de/blog/hsp-und-sexualit%C3%A4t/
FIlmtipp:
SensItive - Die unbekannte Geschichte auf Gaia (Englisch mit Untertiteln, 7 Tage kostenfrei testen möglich)
https://www.gaia.com/de/video/sensitive-untold-story
"Ein außerordentlicher Dokumentarfilm über das Merkmal der Hochsensibilität, das bei 20 % der Bevölkerung, sowohl bei Männern, als auch bei Frauen vorkommt. Er basiert auf den Erkenntnissen der Bestseller-Autorin-Psychologin Dr. Elaine Aron (The Highly Sensitive Person), die herausfand, dass die Gehirne von sensiblen Menschen anders arbeiten.
Hochsensible Menschen (HSPs) verarbeiten Informationen (Reize) und Erfahrungen gründlicher, haben mehr Einfühlungsvermögen und sind sich der Feinheiten ihrer Umwelt bewusster. Die Beweise hierfür finden sich in den Gehirnstudien wider. Die HSPs können Bemerkenswertes zu unserer Welt beitragen, doch oftmals zahlen sie in ihrer Jugend einen hohen Preis für ihre Fähigkeiten, werden als zu schüchtern" oder "zu sensibel" bewertet und fühlen sich als Außenseiter.
In den Hauptrollen: Dr. Elaine Aron, Alanis Morissette, Dr. Bianca Acevedo, Dr. Maike Andresen" (Filmbeschreibung auf der Website)
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